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Ursachen von Rückenschmerzen

Das Kreuz mit dem Rücken: Ein Erbe unserer Vorfahren

Der Rücken ist zentraler Bestandteil des menschlichen Stütz- und Bewegungsapparats. Seine passiven und aktiven Strukturen bilden ein komplexes System aus Muskeln, Knochen, Gelenken, Sehnen, Bändern und Bindegewebe, die in ihrem Zusammenspiel perfekt miteinander harmonieren – normalerweise. Doch unser moderner Lebensstil führt dazu, dass unser Rücken immer öfter aus dem Gleichgewicht gerät und Funktionsstörungen entwickelt.

Um zu verstehen, welche Ursachen dahinterstecken, werfen wir einen Blick zurück in die menschlichen Evolutionsgeschichte: Als der Mensch vor Millionen von Jahren zum aufrechten Gang wechselte, verändert sich die Verteilung des Körpergewichts. Im Vergleich zur vierbeinigen Fortbewegung, lastet beim aufrechten Gang das Gewicht auf zwei Beinen.

Dabei entspricht der Aufbau des menschlichen Hüftgelenks nach wie vor dem Hüftgelenk eines Vierfüßlers: Dessen Ruhepunkt liegt bei einer Beugung von etwa 90 Grad. Um den aufrechten Gang zu ermöglichen, muss sich das Hüftgelenk weit über den rechten Winkel hinausstrecken, während das Becken nach vorn kippt. Um das gekippte Becken zu kompensieren, ist zum einen die Lendenwirbelsäule nach hinten gekrümmt – in der Fachsprache Lordose genannt. Zum anderen sorgen Bänder und Muskeln dafür, die Wirbelsäule auch bei Bewegungen in der aufrechten Position stabil zu halten - vergleichbar mit den gespannten Seilen eines Schiffs, die den Schiffmast - auch bei stürmischer See - stets fixieren.

Akuter Schmerz ist ein Symptom

Oft werden Rückenschmerzen als so genannte „Volkskrankheit“ bezeichnet - doch ist der Rücken wirklich krank, wenn er schmerzt? Wodurch kennzeichnet sich ein gesunder Rücken? Und was genau ist zu tun, um Rückenbeschwerden gezielt vorzubeugen?

Solange der Rücken nicht zu spüren ist, denken die meisten, dass gesundheitlich alles in Ordnung sei. Schießt dann aber plötzlich und unerwartet ein starker Schmerz ins Kreuz, kommt sofort die Angst auf, sich ein schwerwiegendes Rückenleiden zugezogen zu haben. Beides muss nicht stimmen: Auch wenn keine anatomischen Auffälligkeiten bestehen, kann der Rücken auch mal heftig schmerzen. Und auch der umgekehrte Fall ist möglich: Weist die Wirbelsäule Veränderungen auf, die aus medizinischer Sicht als „krankhaft“ zu bezeichnen wären, kann der Betroffene durchaus völlig beschwerdefrei leben.

Akute Rückenschmerzen sind also keine Krankheit, sondern ein Symptom. So ist Schmerz grundsätzlich ein Alarmsignal des Körpers, um sich vor Schaden zu schützen. Treten Rückenschmerzen auf, macht der Körper damit auf eine Störung des Zusammenspiels der Muskeln, Sehnen, Gelenke, Wirbelknochen und Bandscheiben aufmerksam. Nur in seltenen Fällen ist die Ursache dieser Beschwerden eine bestimmte Erkrankung. Auslöser können sowohl körperliche Veränderungen oder Belastungen sein als auch psychischer Stress und nervliche Anspannung. Und manchmal kommt es auch zu einer Rückenschmerzattacke, ohne dass der Grund dafür erkennbar wäre.

Häufige Ursache: Bewegungsmangel

Treten Schmerzen als Folge von Funktionsstörungen des Rückens auf, sind die Ursachen nicht in der Vergangenheit der Menschheitsgeschichte zu finden, sondern in der Gegenwart: Das 21. Jahrhundert ist vom technologischen Fortschritt geprägt. Wir leben in einer hochtechnisierten Welt, in der die Automatisierung rasant zunimmt - viele Dinge werden dadurch für uns einfacher und vor allem bequemer.

Keine Frage, unser digitalisierter Lebensstil hat viele Vorteile. Aber die Kehrseite der Medaille ist, dass unser Rücken leidet. Denn wir bewegen uns kaum noch. Stattdessen verharren wir in der gleichen Körperposition, während wir stundenlang auf den Bildschirm unseres Computers oder Smartphones starren. So wird unser Gesamtorganismus nur einseitig belastet, gerät in Schieflage und bekommt zunehmend Schwierigkeiten, lebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten und gesund zu bleiben. Das heißt: Fehlt die natürliche, abwechslungsreiche Bewegung in unserem Alltag und schaffen wir dafür keinen Ausgleich, bezahlen wir einen hohen Preis – nämlich den unserer Gesundheit. Ergebnis sind körperliche Beschwerden, sinkende Lebensqualität, Depression und Schmerzen.

Sitzen als Hauptproblem

Unser Körper ist für Bewegung geschaffen. Als der „Homo erectus“ (lateinisch für „der aufgerichtete Mensch“) vor ein paar Millionen Jahren zum ersten Mal auf zwei Beinen ging, gab es keinen Supermarkt oder Pizzaservice – er war noch auf das Sammeln von Nahrung und der Jagd von Tieren angewiesen. Seit der Steinzeit hat sich zwar einiges verändert, aber manches ist auch gleichgeblieben: Der Körper des Menschen ist weiterhin auf die hohe körperliche Belastung des Jagens und Sammelns ausgelegt.

Doch unser moderner Alltag sieht völlig anders aus: Wir sitzen hauptsächlich – morgens setzen wir uns ins Auto oder in den Bus, fahren ins Büro, sitzen stundenlang vor dem Computer bevor wir dann am Feierabend wieder ins Auto steigen, nach Hause fahren, uns Fast Food nach Hause liefern lassen und den Abend auf der Couch vor dem Fernseher verbringen. Bewegung findet nur noch im kleinsten Rahmen statt. Das hat verheerende Folgen auf unseren gesamten Organismus: Die Blutzirkulation verlangsamt sich, die Gefäße verstopfen, Zucker- und Fettstoffwechsel werden träge, Entzündungsprozesse im Körper entstehen, Fettzellen füllen sich und die Muskeln bauen ab.

Einseitige Belastungen

Besonders die Wirbelsäule wird beim vielen Sitzen in Mitleidenschaft gezogen: Die Belastung ist zu einseitig und statisch. Hinzu kommt: Nicht nur das Sitzen an sich wird zum Problem, sondern die unphysiologische Haltung dabei – beispielsweise beim Bedienen unsers Smartphones: Der oberen Rücken wird rund gemacht, der Kopf senkt sich nach unten. Daraus entwickelt sich mit der Zeit ein so genannter „Handy-Nacken“, der zu schmerzhaften Verspannungen führt. Denn ist der Kopf um 45 Grad nach unten gesenkt, entspricht das einer Belastung von über 20 Kilogramm. Dadurch ist die Halswirbelsäule ständig einem übermäßigen Druck ausgesetzt. Die Bänder überdehnen, die Muskeln verspannen und die Durchblutung wird gestört.

Und auch unsere Bandscheiben leiden darunter, wenn die Belastung zu einseitig ist. Denn diese sind fast völlig frei von Gefäßen. Sie ernähren sich ausschließlich über die Aufnahme und Abgabe von Flüssigkeit. Das heißt: Um die Versorgung der Bandscheiben sicherzustellen, muss die Wirbelsäule belastet und bewegt werden. Sowohl eine zu geringe als auch eine zu hohe Belastung führen dazu, dass die Bandscheibe keine Nährstoffe aufnehmen kann und wie ein ausgetrockneter Schwamm porös wird und Elastizität verlieren. In der Folge kann sie ihre Funktion als Stoßdämpfer und bewegliche Verbindung der einzelnen Wirbel nicht mehr erfüllen und wird anfällig für Verletzungen.

Use it or lose it

Außerdem: Fehlt die Bewegung, baut der Körper Muskeln ab. Warum ist das so? Unser Körper ist ein Sparfuchs. Alles, was wir nicht benutzen, will der Körper loswerden, um wertvolle Energie zu sparen. Auch das gehört zu unserem genetischen Erbe aus längst vergangenen Zeiten, als Nahrung noch nicht im Überfluss verfügbar war. Denn für den Fall, dass das Jagen und Sammeln mal nicht den gewünschten Erfolg brächten, galt es, lange Fastenzeiten zu überstehen – und Muskeln benötigen viel wertvolle Energie. So ist Muskelabbau die natürliche Strategie des Körpers, das eigene Überleben zu sichern und auf schlechte Zeiten vorbereitet zu sein.

Doch nicht nur der Verlust von Muskelmasse ist Ergebnis von zu wenig Bewegung, sondern auch Fehlhaltungen, die zu Verkürzungen der Muskeln und Faszien führen. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht, das die Statik des Körpers in Schieflage bringt, dort „zementiert“ und den Rücken in seiner Funktion stört. Liegt eine solche Störung bereits vor und kommt es nun zu einer falschen oder zu starken Belastung, entstehen Schmerzen. Aus Angst vor weiteren Beschwerden vermeidet der Betroffene fortan Bewegung und nimmt eine Schonhaltung ein. Dadurch wird der Körper schwächer, das Zusammenspiel von Muskeln, Sehnen und Knochen verschlechtert sich, die Koordinationsfähigkeit sinkt. Ein Teufelskreis aus Schmerzen entsteht.

Psychische Aspekte

Beim Thema Rückenschmerzen sind nicht nur körperliche Faktoren ausschlaggebend – auch psychische Aspekte spielen eine große Rolle. An erster Stelle steht bei den meisten Betroffenen der Stress im Alltag. Unser Leben ist von einer ständigen Erreichbarkeit, vielen Terminen und hohem Leistungsdruck geprägt, sodass der Körper sich rund um die Uhr in einem Alarmzustand befindet.

Großer Termindruck und hohe Leistungsanforderungen im Job können dazu führen, dass acht Stunden am Tag hochkonzentriert und stocksteif in der gleichen Körperposition am Schreibtisch verbracht werden. Dann sind Nacken- und Rückenbeschwerden vorprogrammiert. Denn Stress führt zu einer erhöhten Muskelspannung. Hält das hohe Stresslevel den ganzen Tag über an und findet der Betroffene dann vielleicht auch nachts im Schlaf keine Erholung, entstehen aus der Muskelanspannung Schmerzen.

Deshalb gilt es, sich bewusst zu machen: Der Körper steht im ständigen Austausch mit der Psyche. Jegliche Emotionen wie Stress, Angst, Wut und Trauer spiegeln sich in der Körperhaltung wider. Um Rückenschmerzen vorzubeugen, ist die Wahrnehmung des eigenen Körpers und die Auswirkung von Stress auf die Muskelspannung maßgeblich. Ist dieses Bewusstsein geschaffen, kann der Betroffene die Fähigkeit trainieren, die Muskelspannung selbst zu steuern und diese auch in Zeiten von viel Stress möglichst geringhalten.

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